Die ersten Versuche
Wenn Du Bücher schreibst oder davon träumst, durchläufst Du auf dem Weg dahin verschiedene Stationen. Am Anfang steht die Liebe zum geschriebenen Wort und der Wunsch danach, sich selbst auszudrücken. Du schreibst, wann immer Du Inspiration verspürst und Zeit dafür findest. Manchmal entstehen auf diese Weise abgeschlossene Kurzgeschichten. Häufiger sind es Gedankensequenzen, die Teil eines größeren Projekts werden könnten und nie abgeschlossen werden.
Früher oder später reicht Inspiration allein nicht mehr aus. Dein Wunsch, als Autor:in das nächste Level zu erringen, führt Dich in Schreibkurse und lässt Dich Schreibratgeber verschlingen. Allmählich entsteht das erste Buch – und parallel dazu erlernst Du Dein Handwerk als Geschichtenerzähler:in.
Normalerweise kommt als Nächstes der Schlag in die Fresse: Nachdem Du mutig genug warst, Dich Testlesenden zu öffnen, und all ihre Vorschläge eingearbeitet hast, lehnen Verlage und Agenturen Dein geliebtes kleines Meisterwerk gleichermaßen ab. Ohne jede Begründung! Du warst nicht mal gut genug, dass man bereit war, Zeit zu investieren und Dir zu erklären, wie Du es besser machen könntest.
Das tut weh. Ich kenne diesen Schmerz. Es tut wirklich fies weh.
Wie geht es weiter?
Wenn Du nicht zu den Menschen gehörst, die bei der kleinsten Niederlage den Kopf in den Sand stecken, stehen Dir jetzt zwei Möglichkeiten offen:
- Du erklärst alle Verlagsmenschen für blöd, unfähig und viel zu kommerziell, um Deine großartige Kunst zu verstehen. Irgendwann hat Dir mal jemand erzählt, dass der Weltbestseller Harry Potter dreißigmal abgelehnt wurde, bevor er zum Erfolg wurde. Das zeigt doch, dass die da oben keine Ahnung haben! Deswegen gehst Du jetzt ins Selfpublishing, verkaufst Deinen Titel siebzehnmal als E-Book und drehst dem Establishment eine lange Nase. Weil der achtzehnte Verkauf zu lange auf sich warten lässt, beauftragst Du Deine Cousine damit. Wenn jetzt nach Tagen der Leere wieder ein Verkauf in Deiner Statistik angezeigt wird, fühlst Du Dich wie Ken Follet auf der Buchmesse.
- Du begreifst, dass Verlagsmenschen natürlich dazu verpflichtet sind, bei neuen Titeln auf Verkaufbarkeit zu achten. Siebzehn verkaufte Titel reichen nicht, um die Kosten eines Lektorats, Covers, Buchhandelsrabatte, Programmvorschauen, Messeplätze und die Menschen aus dem Buchvertrieb zu bezahlen. Deswegen bemühst Du Dich um Mitgliedschaft in Autor:innen-Verbänden und beginnst auch sonst zu netzwerken, um herauszufinden, was für Titel sich gut verkaufen. Tief in Dir ahnst Du: Wenn die Verlage mit ihren ‚kommerziellen‘ Herangehensweisen jedes Jahr so viele Bücher verkaufen, liegt das vielleicht auch daran, dass sie sich darauf verstehen, die Bedürfnisse der Lesenden zu erspüren.
Diese Lesenden … das sind schließlich die Menschen, für die Du auch schreiben willst!
Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an Menschen, die zur zweiten Sorte gehören. Wenn Du Dich selbst mit 300 liebevoll, aber planlos dahingeschriebenen Seiten für die neue Rowling hältst, will ich Dir diese Illusion nicht nehmen. Als Roman-Coach arbeite ich jedoch nur mit Menschen, die sich selbst realistisch einschätzen und wissen, dass eine gute Zusammenarbeit mit Verlagen und anderen Menschen der Buchbranche ein wichtiger Teil des eigenen kreativen Handwerks ist.
Harte Arbeit oder mutige Vision?
Wenn Du ernsthaft suchst und immer wieder das Gespräch mit Kolleg:innen pflegst, findest Du früher oder später heraus, was Verlage suchen. Liebesgeschichten sind nie verkehrt, sie machen mit all ihren Subgenres etwa siebzig Prozent des Buchmarktes aus. Zwanzig weitere Prozent bestehen aus Krimis und Thrillern. Im Moment zieht Romantasy wieder ein kleines bisschen an, Science Fiction bleibt Nische, und die sogenannte E-Literatur folgt eigenen Regeln. Es scheint also möglich, sich mit Fleiß, Geduld und Höflichkeit einen Weg in die Literaturbranche zu bahnen.
Aber ist das der Weg, den Du gehen willst?
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Ehrlich gesagt … ich bin der Ansicht, dass genau das der Weg ist, den Du gehen solltest. Du liest meinen Blog, und wahrscheinlich bist Du über meinen Newsletter hier gelandet. Ich werde Dir nicht erzählen, dass es nur ein wenig kreativen Höhenflug und Handwerksbasics braucht. Das ist zu wenig. Unsere Berufung ist es, Geschichten zu erzählen. Wir sollten von allen Menschen lernen, die uns etwas darüber beibringen wollen, auch und besonders von den Profis unserer Branche.
Das einzige Problem dabei ist: Arschkriecherei führt auch nicht zum Erfolg.
Ich weiß, diese Art zu denken ist weit verbreitet. Wenn ich keine eigene Persönlichkeit hätte, sondern mein ganzes Leben der Aufgabe widmen würde, es anderen recht zu machen … dann würden die Menschen mich mögen.
Eine lächerliche Vorstellung, oder?
Auf der professionellen Ebene liest sich das dann so:
Die Hanna hat gesagt, so und so viele Prozent des Buchmarkts bestehen aus Liebesgeschichten, also kaufe ich jetzt drei und lese sie. Okay. Seichter Schund, irgendwie abstoßend und lächerlich. Nirgendwo explodieren Raumschiffe. Was die sich alles für Probleme machen! Dabei ließe sich alles ganz leicht lösen, wenn sie einfach miteinander reden würden. So was kann ich auch. Ich schreibe jetzt ’ne Story über ein dummes und naives Blondchen, das sich total in einen Millionär verknallt, dann zicken die sich ständig an und haben dreckigen Sex, und schon habe ich meinen Bestseller.
Es ist erschreckend, wie viele Autor:innen in genau diese Haltung verfallen, wenn niemand ihr erstes, chaotisch und planlos geschriebenes Manuskript veröffentlicht und versteht, wie großartig die Kunst darin ist. Eine solche Haltung ist meiner Ansicht nach nichts als passiv-aggressive Arschkriecherei, hinter der sich die Verletzung über eine Zurückweisung versteckt.
Ihr wollt Scheiße? Ich gebe euch Scheiße.
Wenn Du so über Deine Bücher und die Lesenden davon denkst, ist das respektlos. Liebe ist großartig. Auch die Suche nach unvollkommener irdischer Gerechtigkeit trotz aller menschlichen Abgründe, wie sie im Krimi stattfindet, ist großartig. Diese Genres sind nicht zufällig die erfolgreichsten auf dem Buchmarkt. Sie erfüllen ein tiefes, universales menschliches Bedürfnis: Verbundenheit mit anderen Menschen, und Gerechtigkeit.
Den eigenen Weg finden
Die bittersüße Erkenntnis lautet also: Weder Deine wilde, kreative Einzigartigkeit noch Deine Bereitschaft, Dich dem Markt anzupassen, führen Dich zum Erfolg. Niemand mag profillose Speichellecker:innen. Und niemand mag selbsternannte Genies mit mäßigem Talent, die es nicht nötig haben, Kompromisse einzugehen und dazuzulernen.
Was also kannst Du tun?
Ich würde Dir vorschlagen, dass ich einmal den Zauberstab für Dich schwinge, der all Deine Probleme löst. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Auch mit dem teuersten Coaching aus meinem Angebot kommst Du nicht automatisch an den Erfolgspunkt.
Das einzige, was ich Dir vorschlagen kann, ist der schwerste Weg von allen. Lerne Dein Handwerk, und lerne es gut. Setze Dich auf Deinen Hosenboden und schreibe. Schreibe immer wieder. Übe Dialog, übe Erzählperspektiven, übe interessante Beschreibungen und den Wechsel zwischen ruhigen und dramatischen Passagen. Finde heraus, was die Lesenden in Deinem Lieblingsgenre goutieren (das ist ebenfalls Handwerk!) und vertiefe Deine Kenntnisse im Plotaufbau. Finde heraus, was der Unterschied zwischen Oberflächen- und Tiefencharakter ist und wie Du das Heldenreise-Labyrinth als Werkzeug für mehr Story-Tiefe und Komplexität nutzen kannst.
Die letzten beiden Aspekte gehören zu dem, was ich mit meinen Masterkursen im Mentoring anbiete, also ist das irgendwie Werbung, merke ich gerade. Ich biete es mit krass coolen Kursmaterialien an, weil ich es für essenziell halte, aber natürlich kannst und sollst Du auch Kurse bei anderen Leuten besuchen. Je mehr Lehrende man auf seinem Weg findet, desto nuancierter wird die eigene Erzählstimme im Lauf der Zeit.
Aber egal, wie gut Du Dein Handwerk lernst: Es reicht nicht! Es reicht nicht, wenn Du gut schreiben kannst, wenn Du die Rahmenbedingungen Deiner Genres studierst und handwerklich saubere Bücher ablieferst. Um wirklich erfolgreich zu sein, brauchst Du noch etwas anderes. Einen Funken Genialität und Magie, der Dich von allen anderen unterscheidet. Den Unique Selling Point, der sich nicht auf Schauplatz und Beruf der Hauptfigur beschränkt, sondern eine Ebene tiefer geht.
Deine Vision finden
Solange Deine Stories eine ungeordnete Mischung aus Mädchen- oder Jungenträumen, Passagen aus Deinen Lieblingsbüchern und literarischem Selbstausdruck zu Deiner Gegenwart sind, werden sie als genau das bei Deinen Lesenden ankommen: Chaos. Und solange Du brav das Schema F einhältst, das Du irgendwann in irgendeinem Kurs gelernt hast, bleiben Deine Geschichten blutleer.
Du musst also einen Weg finden, das, was Dich und Dein Schreiben im tiefsten Kern einzigartig macht, mit den Anforderungen des professionellen Buchmarkts zusammenzubringen. Einen Leitstern, der Deine Vision wird und die einzelnen Schritte des Prozesses zusammenhält. Es sollte etwas sein, was wirklich zu Dir passt. Wie furchtbar wäre es, wenn Du mit Büchern Erfolg hast, für die Du Dich verbiegen musst – und dann immer mehr von genau denen schreiben sollst?
Jetzt kommt ein wenig Werbung für ein Angebot von mir, das Dir genau dabei helfen soll. Im vergangenen Sommer habe ich die Story-Queste entwickelt. Ein Angebot für eine mehrstündige Wanderung durch den Wald, in der Du wie im Märchen drei Prüfungen bestehst und am Ende mit neuer Klarheit über Deinen Weg zurück in Dein gewohntes Leben gehst.
Ohne große Vision wirst Du kein:e großartig:e Autor:in, glaube ich.
— Werbung Ende —
Ich bin fest davon überzeugt, dass Du diese Vision auch ohne mich finden kannst, wenn Du es wirklich möchtest. Auf einer Reise in die Wildnis, auf einem Trip nach New York, zu Besuch bei einer krebskranken Tante. Alles, was Dich auf die essenziellen Fragen nach Dir selbst und Deinem Leben und Deinen Träumen zurückwirft, ist geeignet.
Denn am Ende steht eine Synthese. Bücher, die die formalen Kriterien des Marktes erfüllen, damit sie beim Lesen Vertrautheit und Sicherheit erzeugen und sich verkaufen. Und etwas Einzigartiges, was Deine Bücher von allen anderen unterscheidet.
Schreib wild und gefährlich!
Die Verfasserin:
Hanna Aden (*1983) ist Schriftstellerin und examinierte Lehrerin. Seit 2015 unterstützt sie als Seminarleiterin und Coach angehende und professionelle Autor:innen auf ihrem Weg.
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Danke, dass Du meinen Text gelesen hast! Ich mag neugierige und wissbegierige Menschen. Besonders, wenn sie sich für das Erzählen von Geschichten interessieren.
In meinem Newsletter verschicke ich (halbwegs) regelmäßig Tipps über das Schreiben, Inspirationals und informiere Dich über neue Blogbeiträge und Videos. Außerdem schenke ich Dir als Dankeschön für Dein Interesse das E-Book „Romane schreiben für Anfänger:innen“ im PDF-Format. Dort erhältst Du 18 praktische und direkt umsetzbare Lektionen, die Dir die Basics des Schreibhandwerks informativ und fesselnd vermitteln.
Mein Best Buddy würde sagen: Gönn Dir!
Ich freue mich darauf, Dich vielleicht schon bald in einem meiner Kurse kennenzulernen.
Liebe Grüße
Hanna